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WaldKritik

WaldkritikHeaderSobald wir Menschen das Wort „Ressource“ hören, bekommen unsere Augen diesen feuchten, glänzenden Millionen-Dollar-Blick und unsere instrumentell, industriell geschulten Rädchen im Kopf beginnen wie wild zu arbeiten, wie wir diese „Ressource“ ausbeuten, also wirtschaftlich für unseren ständig wachsenden Reichtum verwerten können und das möglichst effizient!

Das fängt bei Tier und Mensch an, das geht über alle, oft unwiderbringlichen Rohstoffe auf diesem Planeten weiter und das hört beim Wald noch lange nicht auf, hier ist es nur besonders auffällig, weil wir oft direkt vor unseren Türen mit schwerstem Gerät die Bäume umsägen und zur Verwertung abtransportieren, auf denen wir selbst sitzen – kein Wunder, daß wir nur noch im Universum nach intelligentem Leben suchen, für unseren Heimatplaneten haben wir es längst aufgegeben.

Weil dem so ist und weil es wohl doch eine anthropologische Konstante gibt, nach der wir nie ganz aufgeben können und immer wieder die Hoffnung in uns hochkommen lassen, daß die Ignoranz eines Tages doch abnehmen könnte, gibt es jetzt eine Seite, die sich „WaldKritik.de“ nennt und eine unabhängige, demokratische, bundesweite, zivilgesellschaftliche Initiative ist, die waldbegeisterten Kritikern (egal ob sie viel oder gar kein Fachwissen besitzen) einen virtuellen Versammlungsort zur Verfügung stellen will, an dem Freunde des Waldes und Kritiker des Umgang mit dem Wald an einem runden Tisch über die Gegenwart und Zukunft des Waldes miteinander diskutieren können.  Fernab von parteipolitischem Gezänk und dogmatisch-ideologischer Verbohrtheit sollen sich Menschen auf dieser Kommunikations-Plattform treffen und austauschen können, die einzige Vorbedingung sollte sein, daß es den Diskussionsteilnehmern wirklich um den Wald geht.

Der Begriff “Kritik” ist in unseren “Macherzeiten” etwas in Verruf geraten, obwohl er besonders seit der Aufklärung im 18. Jh. eine wunderbare Methode bezeichnet, eine Situation möglichst realistisch, nach den Kriterien der Vernunft, zu beurteilen. Die Methode der Kritik ist deshalb so erfolgreich, weil sie bei der Beurteilung eines Sachverhalts auch das jeweilige Vorverständnis mitbedenkt, also die Bedingungen, unter denen mein Beurteilen stattfindet.

Die Kritik eines Försters zum Beispiel, die er am Zustand und den Bedingungen unter denen der Wald wächst, äußert, muß zwangsläufig eine ganz andere sein, als bei einer Familie, die es einfach wertfrei liebt, am Wochenende im Wald wandern zu gehen und auch ein ökoradikaler Naturschützer wird eine ganz andere Kritik üben, als die beiden erstgenannten Gruppen.

An diesem runden Tisch sollen sich nach Möglichkeit alle Interessengruppen, die Fachleute UND die absoluten Laien (die einfach nur waldbegeistert sind) miteinander austauschen können.

Der Wald bedeutet eigentlich immer Schönheit und Mahnung zugleich und Kritik ist bewahrend und verändernd zugleich. Kritik ist gerade auch dann berechtigt, wenn Sie gleichzeitig und zunächst KEINE ALTERNATIVEN Lösungen anbieten kann.

Ohne Kritik kann man die Probleme nicht sehen, bzw. adäquat beurteilen und oft kann man das Problem der einen Interessengruppe nicht mit dem Problem einer anderen Interessengruppe einfach verrechnen, beide Themen stehen nebeneinander und es geht darum, gemeinsame Lösungen zu suchen, ohne die Probleme des jeweilig anderen als nicht existent wegzuerklären!

Der Name “Waldkritik” bedeutet letztlich die “Kunst der Waldbeurteilung”! Diese Kunst ist sehr komplex und bedarf vieler Meinungen, auf die man auch dann Rücksicht nehmen sollte, wenn es innerlich schwerfällt oder wenn man die Person, Partei, Institution etc. partout nicht ausstehen kann oder an deren Geisteshaltung, Einstellung und Aussagen heftig Anstoß nimmt.

Ich wünsche der Seite eine gute Zukunft: Möge sie dem Wald helfen, denn wenn sie ihm hilft, hilft sie auch allen anderen fühlenden Lebewesen!

Die ESO-SCHIENE – Ein Kommentar zum Kommentar

Lieber Roland,
hab herzlichen Dank, daß Du meinen Blog besucht hast, ich hab Deine Homepage und Deinen Auftritt bei who-is-hu.de auch gleich gestern besucht.
Du hast ja sicher gesehen, daß ich die Giordano-Bruno-Stiftung auch in meiner Blogroll habe, ich hab‘ auch gar kein Problem damit, mich selbst als humanistischen Agnostiker zu bezeichnen. Über die Geschichte der Religionen brauchen wir sicher auch nicht weiter sprechen, da sind wir uns sicher sowieso einig.
Worüber ich aber gerne sprechen möchte, ist das Thema „Religion unter dem Aspekt der Rückverbindung (religio)“ zu den Wurzeln allen Lebens, um die es ja in meinem ÖkoRadiX-Blog geht.

Da kommt mir zunächst das Thema Geschichte in den Sinn: Geschichte zu betreiben bedeutet für mich, dessen eingedenk zu bleiben, was Ernst Bloch als die Unterseite der Geschichte bezeichnet hat, Geschichte ist nicht nur die Geschichte der Mächtigen, auch wenn die immer den Weg in die Geschichtsbücher gefunden haben, es gibt auch eine komplementäre Geschichte, die der Erniedrigten und Beleidigten, der Unterdrückten und Versklavten, man nennt das ja gerne Geschichte von unten und das ist die Geschichte, die selten gesehen wird – aber trotzdem existiert.

Also ist lege mit meinem Blog ein Stein auf die Gräber der Menschen, die sich in welcher Form auch immer für das Unterdrückte, das kaum Sichtbare eingesetzt haben und ihr Leben dem friedlichen Kampf gegen die Ignoranz – aus der alle anderen Übel entspringen – geweiht haben. Schließlich ist Nietzsches Zarathustra bei seiner Lehre vom Übermenschen ja auch an der Ignoranz gescheitert und mußte sich wieder in die Wälder zurückziehen.

Ich würde mich am liebsten als Struktur- und System-Denker bezeichnen, es ist nicht zufällig, daß sich auf allen Größenebenen immer wieder die gleichen Strukturen und Kreisläufe finden – fraktale Geometrie hat diesen Denkansatz ja bebildert – das ist auch der Grund, warum ich Walter Benjamins Idee der Denkbilder so stark favorisiere.
Und jetzt kommt’s – Du spricht das Thema Karma und die Eso-Schiene an – ich bin der Meinung, daß man all diese Bereiche nicht der sogenannten Eso-Schiene überlassen darf, das Prinzip der Analogien, also wie oben, so unten, wie innen, so außen, Makrokosmos und Mikrokosmos sind eins etc. sind zwar in der Esoszene sehr beliebt und das Kybalion wird heute immer noch verlegt, aber dieses Analogie- und Resonanzprinzip hat mit Gott oder Magie so wenig zu tun, wie die berühmte Kuh mit dem Seiltanz. Hier sind seid Urbeginn ((den es für mich gar nicht gibt, ich hänge der Theorie des big bounce an (religio = Rückverbindung)) riesige Informationsfelder im Gang mit denen alles, was in diesem Universum existiert, auch kommuniziert und so ist Evolution für mich, wenn man sie als etwas Positives bewerten möchte, wachsende Resonanzfähigkeit! Das ist alles kein Hokuspokus – sondern ersthafte Wissenschaft.

Wir haben einfach einen vergröberten Materiebegriff, wir bewegen uns in den Welten, die wir anfassen können, deshalb beschreiben wir alles, was um uns herum ist, mit Worten einer Apfelpflücksprache, alles sind kleine Äpfel, kleine Billardkugeln, die sich um einander drehen. Materie ist aber in letzter Konsequenz geronnene Quanteninformation. Und gerade unter diesem Aspekt sollten wir die Geschichte von Religion und Spiritualität völlig neu schreiben nicht um sie zu retten, sondern um einen ganz wichtigen Teil dieses Universums zu verstehen.

Von dem Pathologen Virchow (gest. 1902) ist ja der Satz überliefert: „Ich habe sehr viele Leichen seziert, aber eine Seele habe ich nicht gefunden.“ Da würde ich sagen, mit seinen damaligen Möglichkeiten konnte er auch gar keine Seele finden. Natürlich können wir auch heute noch keine Seele finden, aber wir können sie vielleicht messen. Was wir mit Hilfe moderner Technik heute können, ist zumindest den Fragenhorizont „Seele“ neu aufzumachen, mit entsprechenden, extrem feinen Waagen können wir heute eine Masseverletzung nach dem Tod von Lebewesen messen, wenn wir zuvor sichergestellt haben, daß der Versuchsaufbau keine Masseverletzung möglich macht (siehe Dr. Volkamer).

Vor hundert Jahren dachten wir noch, wir wüßten alles über Masse und Energie und deren Relation zueinander. Heute sind wir viel vorsichtiger, denn nur 5% der Energie im Universum ist uns wirklich gut bekannt, dann wissen wir noch einiges über dunkle Materie, die wohl so 25% der Gesamtenergie ausmacht aber über die 70% dunkle Energie da wissen wir gar nichts.

Also ich sag’s mal so: Für mich ist Spiritualität ein Ausdruck intellektueller Redlichkeit. Spiritualität versucht einen intellektuellen Riegel vor den menschlichen Größenwahn zu schieben. Drop your EGO ist mein Wahlspruch, denn ein übergroßes EGO – das gemeinhin immer alles zu wissen glaubt – steht meistens hinter jedem Größenwahn. Wenn Du ein besseres Wort für diesen Riegel kennst, bin ich für jede Anregung immer offen.

„An allem Anfang aber steht die Vernunft, unser größtes Gut.“ heißt es in einem Brief von Epikur an Menoikeus. Irrationalität – auf die Du ja auf Deiner Homepage auch immer wieder zu sprechen kommst, ist der äußere Ausdruck von Ignoranz (es ist nicht zu kritisieren, wenn jemand nichts weiß – sehr wohl zu kritisieren ist jedoch, wenn er nichts wissen will) und eines der wesentlichen Hemmnisse des Glücks. Für mich ist zwischen einem Philosophieren in Epikurs Garten und einem Philosophieren in Buddhas Garten kein wesentlicher Unterschied, für beide steht Vernunft, Bewußtseinsarbeit und Glück im Zentrum ihres Denkens.

Verschiedene Götter sind für Buddhisten verschiedene Bewußtseinszustände, in dem sie diesen Namen geben, gehen sie mit Ihren Bewußtseinszuständen sozusagen familiär um. Als der Buddha in der Achsenzeit (Jaspers) des 5. Jh.v.u.Z. in seinem Hain lehrte, hat er durch seine 4 Wahrheiten und seinen 8fachen Schulungsweg die numinose Welt der Götter auch massiv entzaubert und trotzdem den Zauber bewahrt. Es ist nicht zu bestreiten, daß z.B. die vielen Sonnenuntergangsbilder oder sagen wir mal allgemeiner die Naturbilder auf Deiner Homepage einen Zauber in sich haben, den die Kunst auch immer wieder bewahrt – auch wenn sie ihn entlarvt.

Postmoderne Naturwissenschaft ist heute viel weiter als um 1900, sie benennt ebenso die numinosen Welten der Götter mit Namen und beginnt einen vernunftgemäßen Umgang mit Ihnen zu pflegen. An der postmodernen Naturwissenschaft kann man sehen, daß ihre Beschäftigung mit Spiritualität sich nicht dadurch ergeben hat, daß sie wieder angefangen hat, zu Glauben, sondern das sie immer weniger glaubt, aber gleichzeitig die ständige Erfahrung macht, daß sich hinter jeder Tür, die sie öffnet, tausend neue Türen liegen. Durch diese Entwicklung ist nebenbei gesagt eine längst überfällige Rückverbindung von Natur- und Geisteswissenschaft in Gang gekommen, die künstliche Trennung im 20. Jh. würde Philosophen aus früherer Jahrhunderte sowieso völlig absurd anmuten, wenn sie es denn erlebt hätten.

Ich komm doch immer wieder zurück zu Sokrates, der mit seiner Hebammenkunst (wie er seine philosophische Gesprächsführung ja oft gern bezeichnete) doch um eine Kleinigkeit weiser war als wir anderen, eben darum, dass er, was er nicht wußte, auch nicht zu wissen glaubte.

Herzliche Grüße
Andreas

P.S. Zum Thema Karma habe ich jetzt nichts mehr explizit geschrieben, darüber habe ich an anderen Stellen (z.B. in meinem Beitrag zu Konstantin Weckers letztem Buch: Mönch und Krieger) schon viel geschrieben.