Interview mit Putins Vordenker

Sergej Karaganow war einer der Ideengeber für die Ukraine-Invasion. Er sieht viele Verlierer und einen Gewinner – der allerdings nicht Putin heißt.

Der Politikwissenschaftler Sergej Karaganow ist ein einflussreicher Stratege der russischen Außen- und Sicherheitspolitik. Von ihm stammen wichtige Ideen, die zum Krieg gegen die Ukraine führten. Der Präsident des Rats für Außen- und Sicherheitspolitik in Moskau steht in enger Verbindung mit Putin und Außenminister Sergej Lawrow.

Das Interview, das im Tagespiegel abgedruckt wurde, erscheint mir recht interessant, ihr findet es unter folgendem Link: Interview

Wie schaltet man unliebsame Kritik nachhaltig aus?

Durch Propaganda, die man nicht als solche erkennt. Das ist das Geheimnis einer erfolgreichen Propaganda!

Man gibt vor, offen, tolerant und nur der Wahrheit verpflichtet zu sein, deshalb lädt man großzügig einen Gesprächspartner, der eine andere Meinung vertritt als man selbst, zu einem ergebnisoffenen Streitgespräch ein. Immer lädt nur der ein, der den Meinungskorridor als dessen Meinungsführer beherrscht und seine Macht für die Zukunft absichern und ausbauen will. Der umgekehrte Fall tritt fast nie auf.

Der Meinungsführer verlässt im Streitgespräch sehr schnell die sachliche Ebene und beginnt die persönlichen Eigenschaften des Gegenübers zu kritisieren, anstatt seine Argumente zu widerlegen. Aus den negativ charakterisierten Eigenschaften des Gegenübers soll der Zuhörer automatisch auf die Unwahrheit der geäußerten Meinung schließen.

Der Meinungsführer setzt Behauptungen in die Welt ohne sie belegen zu können, um den Gesprächspartner zu diskreditieren. Selbst wenn sich die Behauptung als sachlich falsch herausstellen sollte, wird sie vom Meinungsführer bis zum Erbrechen wiederholt, meist in Form eines einfachen und eingängigen Slogans oder eines politischen Schlagworts wie Verschwörungstheoretiker. Diese Behauptung wird so oft wiederholt, bis sie als Wahrheit akzeptiert wird oder niemand mehr widerspricht.

Ein gutes, aktuelles Beispiel sind die NachDenkSeiten von Albrecht Müller. Wer einen Artikel auf diesen Seiten lesen will, informiert sich zuerst bei Wikipedia. Bei Wikipedia hat der „kritische Zeitgenosse“ das Gefühl objektiv informiert zu werden, er kann entscheiden, ob sich für ihn die Lektüre überhaupt lohnt oder ob er nur wieder mit Propaganda, Fehlinformationen und haltlosen Verschwörungstheorien behelligt wird.

Ohne es wirklich zu merken, wird der „kritische Zeitgenosse“ durch eine perfekte Propagandastrategie manipuliert, die mit dem pejorativen Reizwort „Verschwörungstheorie“ arbeitet. Selbst wenn er noch Artikel auf den NachDenkSeiten anliest, wird er unterbewusst überall nach Bestätigungen der Wikipedia-Einschätzung suchen und dem Berichteten keinen Glauben mehr schenken.

Die „seriöse Autorität“ von Wikipedia hat im „kritischen Zeitgenossen“ einen unauslöschlichen Zweifel gesät, damit ist die seriöse kritische Berichterstattung bei den NachDenkSeiten nachhaltig vernichtet, denn in Wikipedia ist zu lesen: „NachDenkSeiten mit dem Untertitel Die kritische Website ist ein deutsches Watchblog, auf dem politische und gesellschaftliche Themen kommentiert werden.
Ursprünglich als wichtiger Bestandteil einer „Gegenöffentlichkeit“ gelobt, verbreitet die Seite in den letzten Jahren jedoch vermehrt Verschwörungstheorien, etwa zur Ukraine-Krise seit 2014 oder zur Corona-Pandemie.
Herausgeber ist der ehemalige SPD-Politiker Albrecht Müller, der auch zahlreiche Beiträge liefert.“

Der gesellschaftspolitische Schaden, den eine derartig gut versteckte Propaganda nach sich zieht, ist kaum zu überschätzen, nehmen wir wieder ein aktuelles Beispiel aus dieser Webseite:
Am 28. April 2022 um 16:36 konnte man auf den NachDenkSeiten einen Artikel finden mit dem Titel: „Wie sähe der von vielen befürchtete nukleare Krieg aus? Mit großer Sicherheit wären wir betroffen“

In diesem Artikel wird ein Interview verlinkt, das man in Deutsch auf https://seniora.org/politik-wirtschaft/nuklearkrieg-mit-russland finden kann. In dem Interview diskutiert der seit Jahrzehnten tätige US-amerikanische Journalist Robert Scheer mit dem Atomwaffenexperte Ted Postol über die möglichen Folgen, wenn sich der Krieg in der Ukraine zu einem Atomkrieg zwischen USA/NATO und Russland ausweitet. Mit Sicherheit wäre die US-Air Base Ramstein ein Primärziel. Ihre herausragende militärische Bedeutung wurde durch das von Pentagon-Chef Austin dorthin einberufene Treffen wieder einmal überdeutlich. Was dann nicht nur in Ramstein passieren würde, geht aus dem  Interview hervor.

Was bewirkt die Propaganda-Methode, die man bei Wikipedia zu den NachDenkSeiten nachlesen kann? Der „kritische Zeitgenosse“ hat Zweifel, schließlich werden die Artikel und Links auf den NachDenkSeiten von der „unabhängigen“ Wikipedia Enzyklopädie als Verschwörungstheorien bewertet. Soll er den Artikel dann überhaupt lesen? Er beschließt wenigstens mal kurz in das Interview reinzulesen. Aber er ist ja bereits negativ gebrieft, er sucht also unbewusst nach einer Bestätigung der Einschätzung von Wikipedia, dann endlich trifft er auf die Formulierung „tiefer Staat“, der Beweis ist erbracht, es handelt sich um eine Verschwörungstheorie, denn schließlich kommt der „tiefe Staat“ nur in der Szene der Verschwörungstheoretiker vor. Er sieht sich bestätigt und kann ohne weiterzulesen das Interview wegklicken, die Welt ist wieder in Ordnung, die Fakten müssen nicht mehr zur Kenntnis genommen werden, weil, es sind ja keine Fakten sondern nur Fakenews, die Kritik ist bei dem „kritischen Zeitgenossen“ erfolgreich abgeschaltet.

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