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Wissenschaft in 7 Schritten und 49 Thesen

Eule der Minerva„De omnibus dubitandum“

Es kommt darauf an, das Zweifeln zu lernen.
Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen
verliebt – statt ins Scheitern.

Schön wäre es, wenn das Lieblings-Motto von Karl Marx:
„An allem ist zu zweifeln!“ auch zur Grundlage des
wissenschaftlichen Arbeitens würde.

Natürlich versuchen wir seit Jahrtausenden die Natur und den Kosmos, in dem wir leben, immer besser zu verstehen, um uns vor den Gefahren und Widrigkeiten, die uns von “Außen” drohen, besser zu schützen. Aber wir haben inzwischen auch gelernt, daß wir von “Innen” bedroht sind, durch uns selbst nämlich. Wissenschaft, also die systematische Erkundung der Welt aber auch des Wissens selbst, soll uns nicht nur gegen Bedrohungen helfen, sondern auch unseren BruttoGlücksFaktor steigern helfen (Jigme Singye Wangchuck). Um Erfolge und Risiken unserer modernen Wissenschaft vernünftig einzuschätzen, sollten wir uns zunächst von ideologischen Betrachtungsweisen der Wissenschaft soweit als möglich befreien?

Das einzige Werkzeug, das es für ein wahrhaft wissenschaftliches Denken geben kann, ist der Zweifel! Weder Glauben noch Nicht-Glauben sind dazu angetan den Weg der Wissenschaft zur wahren Wirklichkeit zurückzulegen und jeder ist gut darin beraten, diesen Satz sofort zu bezweifeln, um zu sehen, ob er ihn für sein eigenes wissenschaftliches Denken akzeptieren kann.

Der Mythos von “Atlantis” kann uns als doppeltes KulturDenkBild besonders gut helfen, das Zweifeln zu lernen, denn der Untergang von Atlantis – zunächst mal völlig egal, ob es existiert hat oder nicht, wurde sowohl durch seine Binnenprobleme wie durch seine unerkannten, kosmischen Außenprobleme verursacht und durch die mächtigen Idelogien des Glaubens und Nicht-Glaubens. Die atlantischen Wissenschaftler (Hohenpriester) die das Wissen dieser Hochkultur über den ganzen Globus verteilt haben, haben diesen beiden Gefahrenbereichen Rechnung getragen, in dem sie sowohl das kosmologische Wissen in entsprechenden architektonischen Denkbildern bewahrten und der Menschheit wissenschaftliche Untersuchungsstätten – wie das Observatorium von Gizeh – hinterließen und damit die Grundlagen der modernen (Astro)Physik lieferten, als auch durch ethisch-moralische Anweisungen, die zunächst in mündlicher Form später in schriftlicher an nachfolgende Generationen weitergegeben wurden.

Die Theorien, die wir uns über die Welt und uns in der Welt machen, sind erstmal nichts weiter als Vermutungen, die wir durch mehr oder weniger gut fundierte Beobachtungen und Erfahrungen erschaffen, wenn wir im weiteren Verlauf nicht nach Verifikationen unserer Theorien suchen, in dem wir letztendlich doch nur mit unserer selbsterschaffenen ‘Vor’urteilsbrille die Welt betrachten und immer nur überall Bestätigungen unserer Theorien finden, sondern nach Falsifikationen, also nach Möglichkeiten, Beobachtungen oder Denkwegen suchen, um unsere Theorien zu widerlegen, dann sind wir auf dem richtigen Weg, wenn wir auch als Menschen in unserem grundsätzlichen Streben nach Anerkennung und Bestätigung uns radikal ändern müssen. Der kritische Rationalismus ist für uns sicherheitsbedürftige Menschen eine riesige Herausforderung, die kein Stein auf dem anderen läßt!

Auf dieser Grundlage habe ich mir für mein eigenes Denken ein siebenstufiges Modul-Schema zur Wissenschaft zusammengestellt, das jederzeit revidierbar und erweiterbar ist und das mir und vielleicht auch uns helfen soll, das Zweifeln zu lernen:

1.    Wir sind Teil einer untrennbaren Wirklichkeit.

1.1.    Wir sind kein Subjekt das dem Objekt ‘Wirklichkeit’ gegenüber steht.
1.2.    Wir und die gesamte Wirklichkeit sind in ständiger Evolution begriffen.
1.3.    Wir fühlen wie überlebensnotwendig ein Verständnis dieser Wirklichkeit ist.
1.4.    Wir fühlen unsere grundsätzliche Begrenztheit bei der Veränderung der Wirklichkeit.
1.5.    Wir verändern unseren Einflußbereich in der Geschichte nur unwesentlich.
1.6.    Wir fühlen, daß unsere Wahrnehmungen nur Annäherungen an die Wirklichkeit sind.
1.7.    Wir fühlen, daß unsere Wahrnehmungen kulturgeschichtlich bedingt sind.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

2.    Wir versuchen beobachtete Erfahrungen dieser Wirklichkeit zu systematisieren.

2.1.    Wir konzentrieren uns auf sich wiederholende Erfahrungen.
2.2.    Wir versuchen unsere Wahrnehmungen zu verfeinern.
2.3.    Wir versuchen Hilfsmittel zu entwickeln für unsere Wahrnehmungen.
2.4.    Wir versuchen allgemein wiederholbare Wahrnehmungsmethoden zu entwickeln.
2.5.    Wir Systematisieren ‘entweder/oder’ und ‘sowohl/als auch’ Erfahrungen.
2.6.    Wir Problematisieren grundsätzlich jede Erfahrung.
2.7.    Wir wählen intuitive Ehrlichkeit zum Maßstab unserer systematisierten Erfahrungen.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

3.    Wir entwickeln Theorien aufgrund dieser Erfahrungen unter bestimmten Prämissen.

3.1.    Wir abstrahieren von unseren konkreten Erfahrungen und erzeugen Abbilder.
3.2.    Wir akzeptieren grundsätzlich, daß unsere Theorien nicht automatisch besser werden.
3.3.    Wir versuchen Ursachen und Wirkungen in ‘wenn => dann’ Modellen zu erfassen.
3.4.    Wir entwickeln Theorien, die in sich schlüssig, kohärent und widerspruchsfrei sind.
3.5.    Wir entwickeln Theorien, die immer zeitlich bedingt und jederzeit veränderbar sind.
3.6.    Wir erkennen, daß Widerspruchsfreiheit nicht Homogenität der Aussagen bedeutet.
3.7.    Wir können keine letztgültig verifizierbaren Theorien entwickeln.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

4.    Wir entwickeln Voraussagen aufgrund dieser Theorien unter bestimmten Prämissen.

4.1.    Wir entwickeln quantifizierbare Voraussagen über Sachverhalter dieser Wirklichkeit.
4.2.    Wir versuchen auch qualitative Voraussagen zu entwickeln.
4.3.    Wir entwickeln Voraussagen logisch und möglichst in mathematischen Termen
4.4.    Wir sagen Konsequenzen, die sich bei verschiedenen Ergebnissen ergeben, voraus.
4.5.    Wir bestimmen klare Grenzen, Geltungsbereiche unserer Voraussagen.
4.6.    Wir versuchen ethisch-moralische Konsequenzen unserer Theorien vorauszusagen.
4.7.    Wir machen keine Voraussagen über die ökonomische Verwertbarkeit unserer Theorien.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

5.    Wir entwickeln Experimente, die diese Voraussagen widerlegen sollen.

5.1.    Wir achten daraus, das jeder unsere Experimente wiederholen kann.
5.2.    Wir dokumentieren die Experiment mit allen notwendigen Details.
5.3.    Wir benutzen eine mathematisch logische und allgemein verständlich Dokumentationsmethode.
5.4.    Wir entwickeln keine Experimente die ethisch-moralisch verwerflich sind.
5.5.    Wir verfeinern und dokumentieren durch Experimente unsere Beobachtungen.
5.6.    Wir entwickeln Experiment- und Prüfkaskaden und keine singulären Experimente.
5.7.    Wir entwickeln Experimente, die Antworten auf viele Aspekte unserer Theorien ergeben.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

6.    Wir entwickeln bei Theoriefalsifikationen konzentrische Relevanzkreise.

6.1.    Wir ordnen um unser Paradigmenzentrum unsere Relevanzkreise konzentrisch an.
6.2.    Wir wählen die Abstände der Relevanzkreise vom Zentrum entsprechen ihrer Relevanz zum Zentrum.
6.3.    Wir ordnen Falsifikationen entsprechenden Relevanzkreisen zu und gewichten sie damit.
6.4.    Wir ordnen auf unseren Relevanzkreisen Module und Einzelvermutungen an.
6.5.    Wir setzen unsere Module aus Axiomen, Hypothesen, Grundannahmen zusammen.
6.6.    Wir erkennen die Wirklichkeitsrelevanz der Module in ihrer Aussagekraft über die Wirklichkeit.
6.7.    Wir bemühen uns bei jeder Falsifikationsmöglichkeiten um ideologiefreie Bewertungen.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

 

7.    Wir entwickeln neue Theorien wenn Paradigmen nicht mehr haltbar sind.

7.1.    Wir geben bei einer Falsifikation des Paradigmenzentrums die Theorie insgesamt auf.
7.2.    Wir zerstören bei einer Falsifikation des Paradigmenzentrums nicht zwangsläufig alle Relevanzkreise.
7.3.    Wir erstellen mit neuen Paradigmen sowie neuen und alten Modulen eine neue Theorie.
7.4.    Wir durchlaufen mit dieser Theorie wieder alle sieben Phasen unseres Wissenschaftsschemas.
7.5.    Wir versuchen unsere Erfahrungen mit der alten Theorie in der neuen umfassend zu berücksichtigen.
7.6.    Wir versuchen bei neuen Theorien umfassend Schnittstellen zu anderen Theorien zu definieren.
7.7.    Wir verknüpfen Paradigmen nicht mit sachfremden Themen und anderen zeitlich begrenzten Theorien.

Eule der Minerva
Die Eule der Minerva beginnt Ihren Flug erst in der Dämmerung,
aber geht es der Nacht oder einem neuen Morgen entgegen, wir leben
im Zwielicht, auf der Grenzen, uns bleibt nichts als der Zweifel an
allem, er ist der Königsweg zur untrennbaren Wirklichkeit!

Nachbemerkung: Ein chinesisches Rollbild begleitete Bertolt Brecht viele Jahrzehnte, zuletzt hing es in seinem Schlafzimmer in der Wohnung am Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin. Hier in der Nähe all der großen Geister, wie Hegel und Fichte, auf die er nun hinuntersehen konnte von seinem Arbeitsplatz aus, fand er sich in guter Gesellschaft, wenn es darum ging, den aufrechten Gang täglich zu üben und das Rollbild des Zweiflers immer wieder auszurollen.

Der Zweifler von Bertolt Brecht

Immer wenn uns
Die Antwort auf eine Frage gefunden schien
Löste einer von uns an der Wand die Schnur der alten
Aufgerollten chinesischen Leinwand, so daß sie herabfiele und
Sichtbar wurde der Mann auf der Bank, der
So sehr zweifelte.

Ich, sagte er uns
Bin der Zweifler, ich zweifle, ob
Die Arbeit gelungen ist, die eure Tage verschlungen hat.
Ob, was ihr gesagt, auch schlechter gesagt, noch für einige Wert hätte.
Ob ihr es aber gut gesagt und euch nicht etwa
Auf die Wahrheit verlassen habt dessen, was ihr gesagt habt.
Ob es nicht vieldeutig ist, für jeden möglichen Irrtum
Tragt ihr die Schuld. Es kann auch eindeutig sein
Und den Widerspruch aus den Dingen entfernen; ist es zu eindeutig?
Dann ist es unbrauchbar, was ihr sagt. Euer Ding ist dann leblos
Seid ihr wirklich im Fluß des Geschehens? Einverstanden mit
Allem, was wird? Werdet ihr noch? Wer seid ihr? Zu wem
Sprecht ihr? Wem nützt es, was ihr da sagt? Und nebenbei:
Läßt es auch nüchtern? Ist es am Morgen zu lesen?
Ist es auch angeknüpft an vorhandenes? Sind die Sätze, die
Vor euch gesagt sind, benutzt, wenigstens widerlegt? Ist alles belegbar?
Durch Erfahrung? Durch welche? Aber vor allem
Immer wieder vor allem anderen: Wie handelt man
Wenn man euch glaubt, was ihr sagt? Vor allem: Wie handelt man?

Nachdenklich betrachteten wir mit Neugier den zweifelnden
Blauen Mann auf der Leinwand, sahen uns an und
Begannen von vorne.

 

Wa(h)re Wissenschaft

Wir befinden uns allesamt ohnehin im freien Fall – es wird endlich Zeit sich damit abzufinden und unser Sicherheitsdenken aufzugeben und nicht immer nach Bestätigungen unserer haltloser, glaubensstarken Theorien zu suchen, die wir nach etwa 10 Bestätigungen gerne als wissenschaftlich objektivierte Wahrheit auf dem Markt der wissenschaftlichen Eitelkeiten zum Kauf anbieten.

Ehrliche, wahre Wissenschaft entwickelt Theorien ins Offene hinaus und versucht gerade NICHT Experimente zu ersinnen, die diese Theorien bestätigen, also verifizieren sollen, sondern versucht die Kreativität darauf zu lenken, sich Experimente auszudenken, die die gerade entwickelten Theorien widerlegen können, sie also als falsifizierbar zeigen.

Die Grenze, die zwischen Wissenschaft und Glauben verläuft, ist die Falsifizierbarkeit der Theorie und wenn ich das Bedürfnis habe, ein Kulturgut aus dem Bereich des Glaubens in den Bereich wissenschaftlicher Theoriebildung zu überführen, dann muß ich sehen, ob ich aus diesem Glaubens-Kulturgut eine falsifizierbare Theorie machen kann.

Horizont

Worauf man hier ehrlich einmal hinweisen sollte, ist, daß nicht nur die gnostischen Theorien nicht falsifizierbar sind, sondern auch die diversen Stringtheorien. Das ist gar nicht schlimm oder zu kritisieren, alles hat seine Existenzberechtigung, solange es keinem fühlenden Wesen Leid zufügt, sehr wohl zu kritisieren sind aber Ideologien, Glaubensgebäude, die sich den objektiven Mantel der Wissenschaft umhängen und mit der ‘Verkündigungsabsicht’ durch die Lande ziehen, das ihre Wissenschaft tausendfach bewiesen sei!

Evolution bedeutet eben nicht nur, sich durch eine Maximierung an Resonanzfähigkeit zu entwickeln, sondern auch durch das ewige Lernen, sei es durch das Aufdecken von Fehlern oder durch das Herausfinden unbedachter Aspekt eines komplexen Systems! Wer nicht lernbereit ist, macht sich immer verdächtig!

Und übrigens! Neuroplastizität und Schubladendenken gehören ja unmittelbar zusammen. Wer in seiner Kindheit neuronal durch einen entsprechenden Lebenswandel immer wieder das gleiche erlebt und es immer wieder in seinem limbischen System gleich bewertet, der wird auch später, wenn er zum sogenannten Erwachsenen sich entwickelt hat, immer versuchen, seine einmal gemachten und gefühlsmäßig bewerteten Erfahrungen immer wieder gleich zu bewerten, immer wieder in die gleiche Schublade zu stecken, um immer wieder eine Bestätigung zu finden, daß seine Bewertungen stimmen, daraus ergeben sich dann die ganz großen neuronalen Einbahnstraßen im Gehirn und genauso so eine neuronale Einbahnstraße ist auch eine Wissenschaftstheorie, die immer nur nach Bestätigungen giert, anstatt nach Lücken und Fehlern, um sie besser zu machen…

Drum ihr Eltern auf diesem Planeten – sorgt dafür, daß eure Kinder in ihrer Kindheit durch einen entsprechenden Lebenswandel neuronal breit aufgestellt sind und das passiert sicher nicht durch Kinderzimmer, die mit allem, was niemand braucht, voll geschüttet sind – und noch ein übrigens! die Phantasie ist ein subversiver Gegner des Schubladendenkens, also wenn ihr wollt, daß es mit der Phantasie bei den Kleinen was wird, dann hört auf eure Kleinen zu bespaßen – schafft ihnen den Raum, damit sie ihre eigene Phantasiewelt entwickeln können…

Wissenschaftliche Inspiration

Als Werner Heisenberg in dem warmen Sommer 1919 – ein Jahr nach dem ersten Weltkrieg – auf einem Dach lag und sich von der Sonne wärmen ließ, las er Platons Dialog Timaios, den einzigen naturphilosophischen Dialog Platons, in dem es z.B. auch um die platonischen Körper geht (davon an anderer Stelle mehr).

Jetzt kann man sich natürlich fragen, weshalb ein angehender Naturwissenschaftler Platon liest, so ein asbach-uraltes Zeug, wie manche meinen.

Warum sollen wir denn überhaupt noch so alten Kram lesen, doch wohl nicht um den alten Schriften historische Gerechtigkeit und Dankbarkeit zukommen zu lassen, z.B. dafür, daß wir heute so eine wunderbare, aufgeklärte Demokratie besitzen, die ohne die antiken Philosophen sich so nicht entwickelt hätte.

Dieser Ansatz hätte Heisenberg nicht weiter gebracht, was ihn aber offensichtlich weitergebracht hat, ist die Idee, daß hinter unserer Welt der Erscheinungen Ideen, Strukturen, Informationen walten und das es von Urkörpern zu Urfeldern kein sehr weiter Weg ist und das griechische Philosophen, wenn sie an Arché (altgriechisch ἀρχή für ‚Anfang, Prinzip, Ursprung) oder Apeiron (altgriechisch τὸ ἄπειρον, „das Unendliche“, „das Unbegrenzte“) dachten, schon sehr nahe an der Vorstellung von Energiefeldern, die Materie in die Lage versetzen, Arbeit zu leisten, dran waren.

Dahinter steckt die Frage, wie kommen Wissenschaftler, hier besonders Physiker auf grundlegende Ideen und dies oft Jahrzehnte, Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende vor anderen.  So vertrat z.B. Pythagoras bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. die Ansicht, daß die Erde und alle anderen Himmelskörper kugelförmig seien und, um einen großen Sprung zu machen, wie kam im 20. Jahrhundert n. Chr. Wolfgang Pauli z.B. auf den grundsätzlichen Spin der Elektronen, nicht in dem er den Elektronen sondern einer Tänzerin zugesehen hat und diese Struktur bei ihm eine Idee auslöste.

Nun das Auslösen von Ideen funktioniert meiner Meinung nach durch das Prinzip der Ähnlichkeiten, weil das gesamte Universum und insbesonderen unser Planet immer wieder von ähnlichen Strukturen bestimmt werden, können wir auch in ALLEN Bereichen immer wieder ähnliche Strukturen finden, und genau deshalb kann auch jemand – wie Benoît Mandelbrot –   auf die Idee kommen, die fraktale Geometrie zu entwickeln.

Hans-Peter Dürr – Mitarbeiter und Nachfolger von Werner Heisenberg – klassifiziert Physiker nach 3 grundsätzlichen Kriterien: Physiker die Künstler sind, Physiker, die Ingenieure sind und Physiker die Mathematiker sind. Werner Heisenberg ist innerhalb dieser Klassifizierung eindeutig der Künstler-Physiker und dies nicht nur weil er ein brillianter Pianist und der Kosmos für ihn ein tönendes Ganzes war, sondern auch, weil er die Inspirationen für sein wissenschaftliches Denken aus ganz anderen Bereichen beziehen konnte und umgekehrt komplizierteste physikalische Theorien mit Bildern aus ganz anderen Bereichen erklären konnte.

Es gibt keine Einbahnstraße für Ähnlichkeiten!

Wissenschaft & Spiritualität

Wissenschaft ist exaktes, dokumentiertes Beobachten und Experimentieren nach dem Grundsatz von Ursache und Wirkung, es ist das Aufstellen von Denkmodellen wie die sog. Wirklichkeit funktionieren könnte. Was Wissenschaft jedenfalls nicht ist – auch wenn manche es gerne so sehen möchten – sie ist nicht die Wahrheit.

Ganz freundlich formuliert ist Wissenschaft allenfalls das asymptotische Annähern an Teilwahrheiten, also für ganz kleine Ausschnitte der allumfassenden Wahrheit. Was Wissenschaft hingegen sehr viel ist, ist Glaube, der Glaube nämlich, daß die Annahmen, die ich über die Wirklichkeit mache durch Beobachtungen, Experimente und durch die Schlüsse, die ich daraus ziehe, der Wirklichkeit “wirklich” entspräche. Glaube ist sie aber auch deshalb, weil sie der Meinung ist, daß die Summe der Teile das Ganze sei und vor allem auch umgekehrt, nur so läßt sich die Wahnvorstellung erklären, daß Wissenschaftler wirklich allen erstes meinen, man könne durch Zerlegung (ich füge hinzu) “emergenter” Zustände, den emergenten Zustand erklären. Das wird niemals funktionieren, allenfalls in einzelnen Aspekten, die in ein Denkmodell eingehen.

Nun hat das Universum, die Natur selbst der Wissenschaft ein Schnippchen geschlagen, indem sie sich mit dem Aufkommen der Quantenphysik selbst aufgelöst hat und jenseits der Atome im unendlichen Kleinen nur noch Energie und Information ist. Erst wenn wir dieses Energiefeld der unbegrenzten Möglichkeiten messen, konkretisiert es sich als Teilchen, als Objekt und weißt nur noch einen Erinnerungszustand auf.

Wissenschaftliches Arbeiten ist natürlich ein sehr wichtiges Hilfsmittel, um die Welt und uns als Teil der Welt besser zu verstehen und Möglichkeiten zu finden, wie wir z.B. in Harmonie mit dem Planeten leben könnten und uns dabei einer Technik bedienten, die nicht unsere Lebensgrundlagen zerstört, also den Ast auf dem wir im Universum sitzen nicht vor unseren Augen absägt.

Dazu bedarf es aber vor allem eines offenen, wachen Blicks auf die Welt, der sich nicht umstellen läßt von Fronten und Blockaden rings um uns her, der die ganze Vielfalt und Veränderung, die in jedem Augenblick liegt, nicht nur akzeptiert sondern sogar wertschätzt.

Hier hift uns der Fortgang der postmodernen Naturwissenschaft, daß wir uns von der Dualität von Geist und Materie befreien können, die Quantenphysik löst diese Dichotomie in ein energetisches Informationsfeld auf und treibt uns quasi in die Arme der Spiritualität.

Spiritualität ist das Ergriffensein vom Unbestimmten, vom Numinosen (Rudolf Otto), es ist das Ergriffen sein, von dem, was uns unbedingt angeht und dieses Unbedingte ist sicher niemals von Menschen Gemachtes, das immer nur fragmentarisch und vorübergehend, eben objekthaft sein kann, wie alle Objekte nur eine scheinbare, erhoffte, unveränderliche Ewigkeit besitzen, während auf dem Grund aller Objekte immer nur die Veränderung zu finden ist.

Die Quantenphysik hat uns seit Jahrzehnten beigebracht, sich auf Unscharfes und nicht klar, eineindeutig Bestimmbares einzulassen und daß damit die Welt für uns nicht gleich untergeht, sondern, daß wir sehr gut damit leben können. Trotzdem ist die Quantenphysik als Geisteshaltung noch nicht wirklich im Leben der Menschen angekommen, zusehr sind wir noch in den alten Paradigmen verhaftet, als daß wir schon bereit wären zu einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel. Hier kann uns die jahrhundertelange Erfahrung der Spiritualität und der Mystiker dieser Welt weiterhelfen.

In dem wir uns den alten mystischen Fragestellungen öffnen und sie intuitiv zu begreifen versuchen, betreten wir ganz viele Lebensbereiche, die die moderne Naturwissenschaft immer als unwissenschaftlich ausklammern wollte und damit einen riesigen Teil der Welt nicht zur Kenntnis und zum Gegenstand der Forschung machen wollte.

Spiritualität ist also zunächst einfach mal das Bekenntnis, sich keinen Denkblockaden zu überlassen, die Unendlichkeit des lebendigen Geistes und seiner Gesetzmäßigkeit im Universum zu akzeptieren und als Mensch bescheiden und demütig gegenüber der Größe des geistigen, lebendigen Universums zurückzutreten und uneingeschränkt zu versuchen, deren unendliche Schönheit zu erfahren und zu genießen um daraus Kraft zu ziehen, anstatt die Kraft im Kampf gegen sie zu verlieren.

Was uns Menschen als Wesen, die Wissenschaft und Spiritualität gleichzeitig haben können, im Kern ausmacht, daß wir ein Teil der Geistigen Welt sind, daß wir nicht von Außen den Dingen als Objekte begegnen müssen, sondern daß wir mit Allem in einer lebedingen geistigen Verbindung leben. Nur weil dies so ist, können wir überhaupt etwas von dem Universum, den Lebewesen, den Pflanzen, der mineralischen Welt und auch von unseren Mitmenschen verstehen, weil wir alle Teil einer geistigen Welt sind. So wie jede Zelle, jeder Organismus immer die komplette DNA in sich trägt, so trägt jeder Mensch immer AUCH den geistigen Bauplan des Lebens, des Universums in sich.

Diese geistige Welt ist in und um uns herum, so wie auch das Unbewußte, was ein Teil dieser Geistigen Welt ist, in und um uns herum ist. Worauf es ankommt, ist, daß wir uns wieder dafür sensibilisieren, in dieser Geistigen Welt zu lesen, wie in einem Buch, und uns nicht mehr von der Wahnvorstellung beherrschen lassen, daß die Welt aus voneinander unabhängigen materiellen Objekten besteht, die man so gut wie möglich beherrschen muß.

Evolutionärer Fortschritt bedeutet, ein Höchstmaß an bewußter Resonanzfähigkeit mit der Geistigen Welt zu entwickeln – nur so können wir langfristig, also nachhaltig die Probleme angehen, die wir uns zum großen Teil selbst geschaffen haben. Nur wenn Wissenschaft und Spiritualität gemeinsam gehn und miteinander in einen ständigen, nicht abreißenden Dialog miteinandern treten, haben wir eine kleine Chance zu überleben.

Die Einheit der Wissenschaft

Als Sir Charles Snow 1959 die berühmte These von den zwei unversöhnlichen Kulturen, der Geistes- und der Naturwissenschaft aufstellte und diese große Kluft als das Haupthinderniss bezeichnete, weshalb die Probleme dieser Welt nicht angegangen und gelöst würden, hat er einerseits mit sehr viel Scharfsinn ein zentrales Problem moderner Wissenschaft beschrieben, andererseits aber auch nicht soviel Weitblick bewiesen, um das Heraufdämmern der postmodernen Strukturwissenschaften bereits zu spüren.

Ein umfassender Blick auf die Wirklichkeit ist weder allein mit den Geisteswissenschaften, als den hermeneutischen Ausdeutern und Sinngebern der Welt zu bekommen, noch durch die Naturwissenschaften, die durch ihre analytischen Forschungsstrategien, mit ihren Prinzipien der Vereinfachung, der Idealisierung, der Abstraktion und der Verallgemeinung, sich immer wieder den Vorwurf der reduzierten Wirklichkeitswahrnehmung gefallen lassen müssen.

Weder durch geistes- noch durch naturwissenschaftliche Methoden können wir unsere grundsätzlichen Vorbehalten gegenüber endgültigen Erkenntnissen aushebeln, ein fallibilistische Wissenschaftsmethode ist und bleibt die einzig ehrliche und letztlich auch einzig ideologiefreie Methode – trotzdem sollten wir versuchen, durch die Etablierung einer neuen, einheitlichen Strukturwissenschaft die Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaft zu überwinden. Beide Wissenschaften verschaffen uns ganz wichtige zentrale Aspekte einer ganzheitlichen Wissenschaft und Wirklichkeitswahrnehmung.

Die postmoderne Strukturwissenschaft organisiert nicht nur perfekt das interdisziplinäre Forschen sondern bietet auch ein entscheidendes, transdisziplinäres Bezugssystem für alle Teilwissenschaften, gleichzeitig realisiert die Strukturwissenschaft viele Forschungsansätze aus der Wissenschaftsgeschichte, z.B. die alchemistischen Ansätze der Ähnlichkeiten, wie oben so unten, die Ideen der Resonanz und die  alten Ideen von mathematischen Zeichensystemen, die sozusagen das Urbild einer Strukturwissenschaft darstellen.

Die moderne Strukturwissenschaft bietet den wissenschaftlichen Disziplinen nicht nur einen analytischen Rahmen, ein System, mit dem geforscht werden kann, sondern sie ist auch Ausdruck der modernen Fragestellung, inwieweit Informationssysteme dem Universum inhärent sind und dieses gestalten, von zentraler Bedeutung ist dabei das Problem, wie Informationen Energien und Materiekomplexe zu gestalten und zu beeinflussen vermögen. Hier kommen wir nur durch systemisches Denken weiter. Und gerade dieses Denken zeigt uns immer wieder, daß sich bestimmte Strukturen in allen Bereichen der Wirklichkeit immer und immer wieder finden lassen. Warum ist das so, warum ist z.B. die fraktale Geometrie so erfolgreich, sollte sich wirklich die These der universalen Resonanzfähigkeit aller ‘belebten’ und ‘unbelebten’ Systeme als dem zentralen Movens der Evolution herausstellen, dann würde sofort verständlich, weshalb alle Wissenschaft sich in Richtung einer einheitlichen Strukturwissenschaft entwickelt.

Letztlich wird sich zeigen, daß alles wissenschaftliche Denken immer zu allererst strukturwissenschaftliches Denken ist und das im Zentrum aller Evolution Information und nicht Materie steht.